Gegen polizeiliche Willkür und die Einschränkung des Versammlungsrecht:
Bündnis Palästina-Solidarität Aachen protestiert gegen Aachener Polizei
Das Bündnis Palästina-Solidarität Aachen wollte am Samstag, 30. Dezember eine
laute Demonstration durch die Aachener Innenstadt durchführen, um gegen Israels
Angriffe und das anhaltende Massaker in Gaza zu protestieren. Das wurde durch die
Aachener Polizei verhindert.
Im Vorfeld wurde über soziale Netzwerke, aber auch über Plakate und Flugblätter in
Aachen mobilisiert. Zur Auftaktkundgebung um 15 Uhr am Aachener Hauptbahnhof
sind über 300 Menschen erschienen, darunter zahlreiche Menschen mit Wurzeln in
Palästina, aber auch viele, die aus Solidarität gekommen waren. Wir werten diese
Teilnahme als Erfolg, auf dem aufgebaut werden soll.
Nach der Auftaktkundgebung sollte es eine Demonstration durch die Innenstadt
geben, unterbrochen durch kurze Kundgebungen an verschiedenen Orten. Doch
überraschend teilte uns die Polizei vor Ort mit, dass sie keine Demonstration
zulassen würde. Sie zeigte sich überrascht, dass überhaupt ein Zug durch die Stadt
geplant sei und behauptete, eine entsprechende Anmeldung sei nicht eingegangen.
Nun ist es so, dass Demonstrationen in Deutschland nicht genehmigungs-, sondern
nur anzeigepflichtig sind. Und die Demonstration wurde rechtzeitig und über offizielle
Wege bei der Aachener Polizei angezeigt – was die Polizeibeamten vor Ort
vehement bestritten. Es wurde felsenfest behauptet, dass es einen Fehler beim
Bündnis als Veranstalterin gegeben habe, und dass entsprechend keine
Demonstration durchgeführt werden könne.
Selbst wenn die Anmeldung verschludert worden wäre: Eine Demonstration
kurzfristig zu ermöglichen wäre durchaus realistisch gewesen. Wir haben die Polizei
dazu aufgefordert und uns bzgl. einer möglicherweise verkürzten Route
kompromissbereit gegeben. Die Polizei hat sich darauf jedoch nicht eingelassen,
angeblich weil sie „auf die Schnelle“ nicht genug Personal mobilisieren könne, um die
Demonstration zu „schützen“. Welch absurde Behauptung, stand doch auf dem
Bahnhofsvorplatz genug Polizei, um den Verkehr für gleich mehrere
Demonstrationen zu regeln. Und in den Seitenstraßen standen weitere Polizeikräfte
bereit.
Die Polizei hat offensichtlich die Gelegenheit genutzt, um palästinasolidarische
Proteste aus der Innenstadt herauszuhalten. Auf den Vorwurf, sie würden unser
Demonstrationsrecht massiv einschränken, wurde nur geantwortet, dass wir ja
protestieren dürften – am Hauptbahnhof. Doch die Entscheidung, wo und in welcher
Form protestiert wird liegt bei uns, nicht bei der Polizei – die nur mit guten
Begründungen Demonstrationen einschränken darf. Diese Rechte wurden erkämpft
und müssen offenbar verteidigt werden. Gegen diese Willkür wurde eine
Spontandemonstration angemeldet, die uns auch verwehrt wurde.
Wir sind uns sicher, dass sofort jede Menge Polizei vor Ort gewesen wäre, wenn wir
ohne Genehmigung auf die Straße gegangen wären. Um die Teilnehmenden vor
Repression zu schützen haben wir uns deswegen der Polizeiwillkür gefügt –
hunderte Menschen haben bei dem Anlass erlebt, dass die Polizei sie keineswegs
schützt, wenn sie gegen die „deutsche Staatsräson“ der Solidarität mit Israels rechter
Regierung protestieren, sondern das Gegenteil der Fall ist. Zum Abschluss der
Kundgebung haben wir jedoch angekündigt, im Bündnis zu beraten rechtliche
Schritte gegen diese Willkür einzuleiten.
Wenige Tage nach der geplanten Demo ist dann herausgekommen: Der Fehler lag
bei der Polizei. Angeblich hätte eine junge Beamtin die Anmeldung falsch abgelegt,
wodurch sie nicht beachtet worden wäre. Ein Polizeibeamter hat sich bei unserem
Anmelder gemeldet und dafür entschuldigt. Wir können nicht beurteilen, ob das nur
eine billige Ausrede ist und eine anonyme Polizeibeamtin als Bauernopfer herhalten
muss oder ob das stimmt. Auszuschließen ist das natürlich nicht, Fehler sind
menschlich und können passieren. Doch die Repressionen gegen Proteste, die sich
gegen Israels Massaker richten, sind enorm. So bleibt auch hier ein fader
Beigeschmack. Viel schlimmer ist jedoch das Verhalten der Polizeikräfte vor Ort bzw.
der Kräfte im Polizeipräsidium, die über die Durchführung der Demonstration bzw.
später der Spontandemo zu entscheiden hatten. In der Arroganz ihrer Überlegenheit
haben sie deutlich gemacht, das unsere demokratischen Rechte ihnen völlig egal
sind. Die Anzahl der Polizeikräfte und ihre Ausrüstung lassen eher die Spekulation
zu, dass – auch im Zuge der rassistisch aufgeladenen Stimmungsmache vor
Silvester und gegen die palästinasolidarische Bewegung insgesamt – eine Eskalation
einkalkuliert wurde, auch um später die gewünschten Schlagzeilen verbreiten zu
können. Wir haben der Polizei diesen Gefallen nicht getan und stattdessen eine
laute, kraftvolle und sehr politische Kundgebung am Hauptbahnhof durchgeführt.
Doch von unseren Protesten abhalten lassen wir uns davon auch nicht: Am Samstag,
den 13. Januar findet die nächste Bündnisdemonstration statt – exakt die gleiche
Route wie bei der verhinderten Demo ist angemeldet. Los geht es entsprechend um
15 Uhr am Aachener Hauptbahnhof. Wir werden so lange kämpfen, bis die Angriffe in
Gaza und in anderen Teilen Palästinas, bis Blockade und Unterdrückung der
palästinensischen Bevölkerung Geschichte sind. Und wir bekämpfen die deutsche
Politik, die den rechtsextremen Brandstiftern in Israels Regierung volle
Rückendeckung gibt und ihnen für ihren Flächenbrand auch noch massig Waffen
liefert.
In diesen Kämpfen werden unsere Energien auch gebraucht. Deswegen haben wir
uns gegen eine Klage entschieden. Sollte die Schikane, Willkür und Repression
weitergehen werden wir uns jedoch Ressourcen dafür nehmen müssen. Wir rufen
alle Menschen auf, mit uns aktiv zu werden, auch damit in einem möglichen
Rechtsstreit die aktive Arbeit auf der Straße nicht darunter leidet.
Im Bündnis „Palästina-Solidarität Aachen“ sind verschiedene internationalistische
und linke Organisationen und Einzelpersonen mit und ohne familiäre Verbindung
nach Palästina aktiv.